Madidi Nationalpark-Selva
- steffihochgraef
- 25. Apr. 2022
- 9 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Apr. 2022
In den hiesigen Osterferien (11.-15-4-) war es endlich soweit. Wir fuhren zusammen mit drei weiteren Familien ins bolivianische Amazonasgebiet, in den Madidi Nationalpark. La Paz zeigte sich uns von seiner wolkigen Seite...

Los ging es am Samstag, den 9. April, mit der DHL-Kohorte (also Familie Dawson, Lammers und Hochgraef) Richtung Coroico (ca. 3h Autofahrt) , denn für die Hinfahrt hatten wir einen Stopp in einem Swimmingpool-reichen Hotel geplant und konnten uns so schonmal an die tropischen Temperaturen der nächsten Tage gewöhnen. Das Villa Verde, ein wahrscheinlich auch durch Corona etwas vernachlässigtes Hotel, befindet sich direkt an der Straße, die weiter Richtung Rurrenabaque führt, unser Ziel für Sonntag. Allerdings sind in den Hotel einige Papageien ansässig, die es dort sehr gemütlich finden, wahrscheinlich, weil sie ausreichend mit Futter versorgt werden und auch die Katzen und ihre Babys waren ein Highlight für die Kinder. Die Papageien machen ja, wenn man mit ihnen spricht, alles nach und so haben sie über die Jahre einen Flirtpfiff und "Hola" gelernt. Sehr lustig anzuhören. Außer Baden und Sonnen und ein kaltes Bierchen, brauchten wir nichts zu unserem Glück. Einzig und allein die vielen "sandflies" sind eine Qual, wenn man sich nicht mit ausreichend Insektenschutz einsprüht.
Am Sonntag morgen ging es dann um 8.30 Uhr los, denn vor uns lagen noch 7 Stunden Autofahrt. Hier trafen wir dann beim Frühstück auch Familie Senftleben, die mit uns die nächsten Tage verbringen sollte. Insgesamt waren dann also 4 Autos mit zusammen 19 Personen (8 Erwachsene und 11 Kinder) unterwegs, puh, eine ganz schön große Gruppe.
Da es die letzten Wochen wirklich noch sehr viel geregnet hatte, wussten wir nicht, ob die Straßen frei sein werden, denn durch den Regen fallen hier oft einige Teile der Berge herunter und es kann passieren, dass man erstmal nicht weiterkommt. Aber wir hatten Glück! Der Weg in den Dschungel, hier "Selva" genannt, ist schon ein Erlebnis. Unglaublich, wie sich die moosigen Felsen unterhalb der Riesenschneeberge mit den satten grünen Berglandschaften des Tieflandes abwechseln, ein Fest für die Sinne und die Augen. Soviele Grüntöne sieht man selten und es ist einfach beeindruckend.
Gegen 17 Uhr erreichten wir unsere Unterkunft in Rurrenabaque. Hier ist man dann auf 170 m über Null, also 3.400 m tiefer als wir wohnen ;-)
Ist man in Rurrenabaque, befindet man sich in der Moxos-Ebene, die mit über 100.000 km² eines der größten Feuchtgebiete der Erde ist und die vorherrschende Vegetationsform die tropische Savanne ist. Nahe bei Rurrenabaque befindet man sich am östlichen Punkt des Madidi Nationalparks. Dieser bedeckt eine Fläche von 18.958 km², von den östlichen Ausläufern der schneebedeckten Anden Kordillera (um die 5.800 Höhenmeter) bis in den westlichen Teil des tropischen Amazonas Flussgebiets (180 Höhenmeter). Er zählt zu den weltweit artenreichsten Nationalparks.
Für uns ist Rurrenabaque genau der richtige Ort, angenehm warm, keine Mücken, beeindruckende Landschaft. Unser Touranbieter war Mashaquipe Tours, die ebenfalls dieses Hostel besitzen. Selim, der Hotelleiter, begrüßte uns herzlich und wir merkten sehr schnell, dass es eher ein Backpackerhotel ist, was aber trotzdem toll war, denn der mittig gelegenen Pool wurde direkt von unserer "kleinen" Gruppe beschlagnahmt und es lief gute Musik. Nachts haben es die anderen Gäste dann ordentlich krachen lassen, aber zum Glück gibt es ja Ohropax!


Am Montag wurden wir dann im Hostel von zwei der Guides, die uns die nächsten Tage begleiten sollten, empfangen. Mit dem Gepäck ging es ca. 300 m zum Büro von "Mashaquipe" und von dort aus bestiegen wir zwei Boote, die uns auf dem Fluss Beni in die Lodge im Madidi bringen sollten.
Vorher machten wir aber noch einen Stopp bei einer der Communities, die in der Nähe des Flusses leben. Dort gab es eine große, traditionelle Maschine um Zuckerrohr auszupressen, der hier vielerorts angebaut wird. Um den Saft zu pressen, mussten sich die Kinder ganz schön ins Zeug legen und die Räder antreiben. Von beiden Seiten wurden dann die Zuckerrohstangen durchgeschoben und heraus kam ein leicht gräulicher Saft. Dieser wird gesiebt und kann anschließend getrunken werden. Mit Zitrone einfach richtig lecker und gekühlt das nonplusultra Erfrischungsgetränk in diesen heißen feuchten Gebieten. Und damit es noch authentischer ist, gabs den Saft in ausgehöhlten Kokosschalen. Zudem werden in der Gegend viele Erdnüsse angebaut, die wir ebenfalls essen durften.
Nach der Erfrischung fuhren wir auf dem Beni nochmal eine gute Stunde flussaufwärts. Neben den grünen tropischen Ufern sieht man auf dem Weg schon ein paar Vögel und Reiher im Wasser stehen oder auf Baumstämmen sitzen.
Angekommen am Ufer vor der Lodge ging es auf einem sehr spektakulären "Weg" nach oben, denn die Unterkunft befindet sich auf einem Hügel direkt am Fluss.
Mit dem ganzen Gepäck und der gesamten Verpflegung für die nächsten Tage schafften wir es mehr oder weniger gut nach oben und freuten uns über die schöne Anlage mit ihren Hütten und zur Entspannung einladenden Grünflächen. Wir bekamen eine Hütte etwas abseits gelegen, umgeben von verschiedenen Palmen und, wie wir später noch erfuhren, sind einige dieser Palmen das Zuhause von Taranteln.


Kurz darauf gab es dann auch schon Mittagessen und es blieb ein wenig Zeit, uns in den Hängematten zu entspannen bevor wir, in drei Gruppen aufgeteilt, eine ca. 2 stündige Wanderung machten. Dafür hatten wir drei Guides, ein Vierter kam später noch dazu. Ronny, Ever, Alfonso und Darwin waren unsere Begleiter für die nächsten Tage, jeder für sich eine besondere Persönlichkeit, besonders Darwin hatte sofort die Herzen der Kinder erobert und für uns Erwachsenen war klar, der kümmert sich um die kids.
Generell muss man sagen, dass die Wahrscheinlichkeit, im Dschungel (viele) Tiere zu sehen sehr gering ist, abgesehen von Spinnen, Raupen und anderen Insekten. Die sind einfach viel zu scheu und mal ehrlich, es wäre schon komisch, wenn ein Jaguar oder Puma einfach so an uns vorbei spaziert. Hier besticht der Wald durch seine vielen Heilpflanzen, Pilze, Früchte und ab und an findet man in kleinen Flüsschen im feuchten Sand Tierspuren, die wir auf unserer ersten Wanderung entdeckten. (Foto: Pumaspur)

Ich finde es einfach toll in dieses Grün einzutauchen, das ist wie eine andere Welt. Da es dort viele Bäume gibt, die eine Symbiose mit anderen Pflanzen oder Tieren bilden oder sich Schutzmechanismen zugelegt haben, sollte man auf keinen Fall einfach die Bäume anfassen. Besonders wenn es mal etwas abschüssig ist, muss man schauen, woran man sich festhält, denn neben giftigen Raupen und Spinnen haben eingie Bäume Stacheln, die ebenfall Gift enthalten können (sie werden bspw. für Pfeile zur Jagd genutzt, um die Tier zu betäuben). Ach ja, und auch beim Gehen sollte man nicht unbedingt auf eine Schlange treten. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist sie giftig. Wie die kleine Babyschlange, die uns bei unserer ersten Wanderung über den Weg gelaufen ist. Unklar ist die genaue Sorte, aber da man am Kopf erkennen kann, dass es sich um eine Viperart handelt ist sie nicht nur giftig, sondern Babyschlangen sind viel gefährlicher, da sie noch keine Kontrolle über die Giftmenge haben, die sie abgeben.

Eine Wanderung durch den Dschungel muss man sich also so vorstellen: Auf teilweise mit der Machete freigeschlagenen Wegen, geht es mal rauf und runter durch ein unendliches Grün, zwischen dem ab und an ein Farbklecks auftaucht. Entweder ein knallrotes Blatt oder diverse Pilzarten (die farbigen sind alles Halluzinogene Pilze). Dann trifft man hier auf diverse Palmen und Bäume, mit oder ihne Stacheln, umschlungen von Lianen oder anderen Kletterpflanzen und man findet auch die ganz lustige Art "palma caminata", übersetzt gehende Palme, die ganz viele Beine am unteren Ende hat, die in den Boden reichen. Da die meisten Bäume ihre Wurzeln auf der Oberfläche haben, muss man aufpassen, dass man nicht stolpert. Auch umgefallenen Bäume können einem plötzlich den Weg versperren. Gerade aufgrund der langen Pause an Touristen im Madidi hat der Wald alles an Freistellen zurückerobert. Auf Spinnennetze sollte man achten, da hilft es, wenn eine große Person vor einem geht, die nimmt mit hoher Wahrscheinlichkeit so einige mit ;-) Zudem ist es unglaublich feucht, man schwitzt und schwitzt und schwitzt und kann nichts dagegen tun. Den Madidi zeichnet zudem eine besonders hohe Anzahl an verschiedenen Ameisen aus. Neben kleinen ungefährlichen gibt es hier auch große, so genannte Bullet Ants. Ihr Biss schmerzt wie eine Kanonenkugel sagt man. Und da sie natülich Vorrang in diesem Territorium haben, muss man sehr schnell über die großen Ameisenstraßen laufen, sonst hat man sie überall und das ist kein Vergnügen. Zudem gibt es hier Früchte in kleinerer Form, alles heißt dannwie wir es auch kennen, nur eben mit Dschungel davor...also Dschungel-Papaya, Dschungel-Mango etc.
Am nächsten Morgen erwachte ich, als ich die Geräusche des Dschungels hörte. Ein Wirrwarr aus Tönen verschiedenster Tiere, die man nicht beschreiben kann, die muss man einfach hören. Papageigen, Affen und mein Lieblingsvogel, der Oropendula. Das sind Vögel, die diese tollen Hängenester in den Bäumen bauen. Sie gehen immer wieder in den gleichen Baum, die alten Nester fallen ab und es werden neue gebaut.



Nach dem Frühstück hieß es dann auch schon kleine Rucksacke für jeden packen, denn diesen Tag sollte es zum Camp mitten im Dschungel gehen, wo wir die Nacht verbringen wollten. Nach ca. 3 Stunden Wandern und Kindern mit rotgefärbten Haaren von einer besonderen Pflanze, kamen wir durchgeschwitzt am Camp an.



Das Camp besticht durch seine Einfachheit :-) Ein größerer, überdachter, aber sonst offener Schlafbereich, ein kleines Häuschen mit einer Dusche und einem Klo und einem Essensraum (mit Moskitonetzen geschlossen) mit anliegendem Kochbereich. Hier sollten wir also die Nacht verbringen. Nicht zu vergessen, wir waren ja 19 Personen. Der überdachte Schlafbereicht, eine lange Bretterreihe, auf der Matratzen lagen sowie zwei davorliegenden Einzel"betten" konnte jedoch nur 17 Personen einen Schlafplatz bieten, sodass ein Bett extra errichtet werden musste, dass allerdings außerhalb, also ohne Überdachung, neben dem Bettenlager errichtet wurde. Dieses Bett wählten Brian und ich. Wie toll, ein Himmelbett (unten links im Bild) mitten im Dschungel und über uns die riesigen Bäume und der Himmel. Zu hoffen war nur, dass es nicht regnete, dann hätten wir ein Problem, aber daran war in der Mitte des Tage snicht annäherns zu denken.
Nach dem Mittagessen, was wieder einmal sehr lecker war und auf einer Feuerstelle gekocht wurde, machten wir eine ca. 1,5 stündige Wanderung zu einem Aussichtspunkt, von wo aus man direkt auf vorbeifliegende Aras und andere Papageien schauen konnte. Das ist ein unglaubliches Erlebnis gewesen, denn wann sieht man schonmal frei fliegende Aras? Mit der untergehenden Sonne sah es wunderbar aus, sie über die Bäume fliegen zu sehen. Genau an der Felswand unter uns befanden sich die Nester, die wir natürlich so nicht sehen konnten, sondern erst den folgenden Tag, von einem gegenüberliegenden Aussichtsurm. Wir harrten hier lange aus, wobei sich ein Teil der Gruppe bereits auf den Rückweg gemacht hat, denn mit der Dämmerung kommen auch die Mücken und das war schon ziemlich schwer auszuhalten.




Nachdem wir dann alle die Dusche genossen haben, was erstaunlich gut lief bei sovielen Personen, nahmen wir unser Abendessen bei Kerzenschein ein, denn im Camp gibt es keinen Strom. Einige Kinder und Erwachsene machten noch eine kleine Nachtwanderung und dann ging es in unser Freiluftbett. Das ist wirklich aufregend mit dem Geraschel um einen herum, weshalb wir schon etwas unruhig geschlafen haben. Allerdings schliefen wir tief und fest, als Darwin plötzlich mit der Taschenlampe neben unserem Bett stand und wir bemerkten, dass es ein wenig zu regnen anfing (um 3.40 Uhr). Da er aber zuversichtlich war, dass es nicht schlimmer wird fürs erste, verstauten wir nur unsere Schuhe und Rucksäcke unterm bedachten Schlafbereich und legten uns wieder zur Ruhe. Das war dann sehr cool, denn es gab zwar keinen Regen, aber es blitzte die ganze Zeit und um 7 Uhr fing es dann richtig an zu gießen, sodass wir schnell unser Bett mit den Guids abbauten. Da eh schon fast alle wach waren schlüpften wir jeweil in freie Betten und ruhten uns noch ein wenig aus. Nach dem Frühstück wurde wieder alles zusammengepackt, die Betten abgebaut und wir machten uns auf den Weg zum Fluss, denn auf dem Programm stand das Bauen einen Floßes, mit dem es dann zurück zur Lodge gehen sollte. Allerdings war durch den Regen der Weg teilweise nicht mehr so einfach passierbar und man musste aufpassen, nicht im Schlamm stecken zu bleiben. Dafür lief uns eine kleine Totenkopfäffchen-Horde über den Weg. Und wir kamen auch zu dem sehr morschen Aussichtsturm, den wir den Vortag von der gegenüberliegenden Seite sehen konnten. Nun sahen wir auch die Papageien-Nester.
Am Fluss angekommen warteten neben miesen Sandfliegen auch ein Boot auf uns, dass unsere Rucksäcke sowie diejenigen mitnahm, die nicht mit dem Floß fahren wollten. Also Badeklamotten an und rauf aufs Floß. Wir hatten jeweils zwei, eins mit den Kindern und eins mit den Erwachsenen. Nach einer gemächlichen Fahrt und einem kurzen Rennen mit Wasserschlacht kamen wir an der Anlegestelle an und dort wurde die Wasserschlacht dann weitergeführt, bis auch der letzte Trockene im Wasser war. Es war ein Riesenspaß für alle und eine schöne Abkühlung.





Wieder oben im Camp angekommen, von woaus man übrigens eine wunderbare Sicht auf den Fluss und die Landschaft hat, schlüpften wir alle unter die Dusche. Dann gab es wieder Mittagessen und so manch eine oder einer war froh über ein kleines Nickerchen danach.

Für den Nachmittag war geplant, Schmuck aus Naturmaterialien zu machen, diese hatten wir teilweise schon auf den Wanderungen durch den Dschungel gesammelt. Unglaublich, wie viele der trockenen Früchte aussehen, wenn man sie aufsägt oder schleift und poliert. Neben Ketten haben wir auch Ringe gemacht, also alle die Lust hatten. Die Männer waren indesse zum Fluss runter gegangen und haben nach Holz gesucht, welches sie sich mitnehmen wollten. Falls ihr es noch nicht wisst, auch Brian ist unter die Hobbybastler gekommen und unser Haus schmücken bereits 4 selbstgebaute Lampen aus diversen Holzarten.
Somit war es ein entspannter nachmittag für alle, was auch gut war, denn am nächsten morgen mussten wir um 5.30 Uhr aufstehen, denn es ging mit den Booten zurück nach Rurrenabaque um dann dort in Autos umzusteigen, die uns in die Pampa (Savanne) bringen sollten.
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