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Todos los Santos

  • steffihochgraef
  • 23. Nov. 2021
  • 3 Min. Lesezeit

Am 1. und 2.11 wird in Bolivien traditionell "Todos los Santos" (Allerheiligen) gefeiert. In der andinen Tradition existiert der Tod nicht und wird als Übergang verstanden, denn für sie ist das Leben ewig. Dieses Ereignis ist mit besonderen Riten verbunden und diese durften wir mit Vivi und Franck (den Spanischlehrern der Kinder und auch einiger Erwachsenen) zusammen kennenlernen.


Somit trafen wir uns am Dienstag morgen auf dem Zentralfriedhof in El Alto, zu dem wir mit einer kleinen Gruppe mit dem Teleférico nach oben fuhren. Im Gegensatz zu anderen Ländern, die an diesen Tagen ihre Angehörigen auf den Friedhöfen nur mit Blumen besuchen, gedenken die Bolivianer bis heute auf besondere Weise ihrer Verstorbenen, indem sie sorgfältig vorbereitete, bedeutungsvolle Feste veranstalten, die es ihren Angehörigen ermöglichen, auf die Erde zu kommen und mit den hier Verbliebenen zu teilen. Regnet es dann noch zusätzlich, ist auch dies besonders, denn dann steigen die Seelen wieder auf.


Coronabedingt durften auf den Zentralfriedhof nur Personen, die eine vollständige Impfung nachweisen konnten und daher fanden vor dem Friedhof die Riten statt. Hier gab es mehrere Stände von Personen, die u.a. das für diese Tage extra gebackenen Brot sowie andere essbare Sachen an diejenigen vergaben, die um die Seelen ihrer Verwandten beteten. Die Gaben werden dann in einem Beutel gesammelt und über den Monat November geminsam in der Familie verzehrt.

Die Brote haben eine besondere Bedeutung. In Form von Leitern, Kreuzen, Sternen, Pferden oder Vögeln dienen sie als symbolische Mediation, um die Geister der Verstorbenen willkommen zu heißen, die nach andiner Tradition zu Allerheiligen und Allerseelen die Welt der Lebenden besuchen. Die wichtigste und typischste Darstellung in Aymara ist das "T'antawawa" oder Brotkind, dass auch die Gestalt eines Erwachsenen, eines Mannes oder einer Frau annehmen kann.

Einige Stände waren aufwändig geschmückt mit Bildern der verstorbenen Angehörigen und diversen Beigaben die wie ein Altar geschmückt wurden.


Dann gingen wir auf den Fridhof. Dieser besteht, ganz anders als auf uns bekannten Friedhöfen in Deutschland, aus Parzellen, die in die Wand gemauert sind und wo die Särge der Verstorbenen reingeschoben werden. Dann wird das Ganze zugemauert und der vordere Bereich, wie ein Altar geschmückt, mit Dingen, die diese Person besonders gemocht hat. Hier gibt es preisliche Unterschiede, ob man in den oberen Reihen liegt oder unten. In der Regel bleiben die personen 6 Jahre an diesem Ort, dann werden sie in eine kleinere "Zelle" verlegt. Das fanden wir schon etwas gruselig, denn der Sarg wird dann mit Hilfe eines Friedhofmitarbeiters herausgenommen und in einen Raum gebracht, wo man dann die Überreste (wir fragten uns, wieviel da wohl noch übrig ist nach 6 Jahren, da es ja nicht in der Erde verrottet) in eine Tüte packt. Das wird dann in die kleinere "Zelle" pepackt, die ebenfalls zubetoniert wird und auch mit einem kleinen Altar versehen wird. Man nennt die Gräber "nichos", die mit einer verglasten Tür geschlossen sind. Ohne diese sind die Personen nicht geschützt sagt man.

Zudem gibt es auf dem Friedhof noch Bereich mit anonymen Gräbern oder Bereiche, wo Personen gedacht wird, die verschwunden sind oder schlimme dinge im Leben gemacht haben. Zahlreiche interessante Wandbemalungen zieren einige Bereiche des Friedhofs und in einem Teil gibt es Familiengruften und pompöse Gräber, die Politikern oder Militärpersonen zuzuschreiben sind.


Familiengruften

Nachdem wir den Friedhof verlassen haben, ging es zu einem, nicht so streng zugänglichen, Friedhof, dem "Llamita" (Lämmchen). Hier bot sich uns ein ganz anderes Bild, denn die Verstorbenen werden hier, wie wir es kennen, in der Erde begraben. Nur sind viele Stellen illegal, was bedeutet, dass hier jeder sein Grab irgendwo errichten kann. Viele der Gräber sind in den Farben der hiesigen Fussballmanschaften (The Strongest oder Bolivar) geschmückt.

Leider mussten wir unseren Besuch recht schnell abbrechen, denn es gab ein mächtiges Gewitter mit Hagel, sodass der Friedhof in wenigen Minuten in weiß gehüllt wurde und wir uns wieder in die Teleférico Station flüchteten, natürlich plitschnass, denn auf den Regen/Hagel waren wir nicht vorbereitet. Aber auch dieses Wetterereignis ist von besonderer Art, denn mit dem Regen steigen die Geister der Verstorbenen wieder auf und der Kreislauf ist geschlossen.






 
 
 

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